"A place to be" von Jens Fischer | DRW-Verlag Weinbrenner
Ein persönlicher Rückblick auf 50 plus 30 Jahre Maschinenschau von einem Schreiner, Diplom-Holzwirten und Redakteur des "Holz-Zentralblatts" – von Jens Fischer.
2. Apr. 2025Teilen
Für Hamburger Holzwirte war die "LIGNA" immer die Messe. Die räumliche Nähe war das eine, vor allem war es für uns immer die allumfassendste aller Messen, die das sehr breite Spektrum unseres Studiengangs am besten spiegelte. Von der Holzernte über die erste Bearbeitungsstufe im mobilen oder stationären Sägewerk über alle weiteren Be- und Verarbeitungsstufen mit einem Spektrum von der Holzbiegemaschine bis hin zur kompletten Möbelfertigung.
Meine erste "LIGNA" in Hannover erlebte ich im Mai 1995, im dritten Semester meines Studiums der Holzwirtschaft in Hamburg. Lebenserfahren waren wir also beide schon. Die "LIGNA" 20 Jahre jung, ich damals Mitte 20, Tischler, "Zivi", der 20 Monate lang auf einer Urologiestation mehr als nur Flaschen mit gelbem Inhalt rumgetragen hatte, und Weltentdecker auf mehreren Kontinenten – und trotzdem hat mich die "LIGNA" in ihrer Größe und Vielfalt "umgehauen" und in ihren Bann gezogen. Die ganze Welt zu Gast in Hannover, gefühlt 90% des Know-hows einer Branche versammelt auf einem knallvollen Messegelände. Durchkommen rein physisch schon schwierig, alles erfassen unmöglich, nicht nur wegen des fast überall gegenwärtigen Lärmpegels.
Eine "Rettungsinsel" war die riesige Holzwerkstoff- und Furnierhalle 2 am Rande des Messegeländes. Fast schon eine Oase der Ruhe – und (nicht nur) für mich gefühlt ein Epizentrum der Innovation. Die Holzwerkstoffindustrie und ihre Herausforderungen nahmen damals einen bedeutenden Anteil im Hamburger Studium ein. Unter Leitung von Prof. Dr. Arno Frühwald erlebten das Ordinariat Holztechnologie der Universität Hamburg und das Institut für Holzphysik und mechanische Technologie des Holzes der damaligen BFH (heute Thünen-Institut) goldene Jahre. Unmengen von genauso fähigen wie wissbegierigen Studierenden der damaligen Zeit besetzen heute wesentliche Stellen in der Welt der Holzwerkstoffindustrie. Und wer als Student etwas auf sich hielt und vorankommen wollte, der fuhr natürlich zur "LIGNA". Schauen, sprechen, staunen, lernen. Unvergesslich.
Deswegen kribbelt es bis heute, wenn ich das Messegelände in Hannover betrete. Auch in meinem persönlichen Jubiläumsjahr, meinem 30. Jahr im 50. Jahr der Messe, im Mai 2025 wird das so sein. 2001 war ich erstmals nicht mehr als Student, sondern als Jungredakteur des "Holz-Zentralblatts" in Hannover unterwegs. Vier Tage Messe, gefühlt rund um die Uhr. Dass ich nicht die gesamte Zeit – von Montag bis Freitag, vom 21. bis zum 25. Mai 2001, – dort war, lag an einem besonderen Konstrukt der damaligen Zeit zwischen Hannover und Köln, zwischen "LIGNA" und "Interzum". Den vielen Gästen aus Übersee wollte man einen möglichst nahtlos effizienten Übergang zwischen den beiden Weltleitmessen ermöglichen, daher fanden die Möbelzuliefermesse "Interzum" und die Maschinenschau „Ligna“ an zwei Tagen überlappend statt. In Köln ging es seinerzeit für mich los am Freitag, 18. Mai, über das gesamte Wochenende bis hin zum abschließenden Dienstag am 22. Mai.
Für den jungen und wissbegierigen Journalisten bedeutete das acht Tage Messe am Stück. So viele Hemden hatte ich eigentlich gar nicht, von Krawatten (das war Pflicht damals) und gebügelten Hosen ganz zu schweigen. Acht Tage Messe bedeutete acht Tage Adrenalin pur, acht Tage mit aberhunderten von Gesprächen, geschüttelten Händen und noch mehr Informationen. Bis heute fasse ich mitunter noch panisch in meine linke Jacketttasche (rechts waren die Visitenkarten), um zu sehen, ob mein Notizblock auch noch da ist. Wäre der verschwunden, wäre die Zeitung wahrscheinlich genauso weiß geblieben, wie mein Kopf nach acht Tagen Messedreikampf – reden, trinken, schreiben – leer war. Meine rechte Schulter war lädiert und blau angelaufen, weil sie die Tasche mit den Unmengen von Prospekten, CDs und auch noch Disketten Kilometer um Kilometer tragen musste. Aber was waren Schulter- und Fußschmerzen schon gegen dieses Menschenbad, diese Fülle an Ideen, das gemeinsame Interesse an der Fortentwicklung einer Technologie und eines Werkstoffs.
Für mich ist Messe bis heute der Ort, wo ich sein will, wo sich Menschen treffen, austauschen, lachen, schwitzen, sich Gerüch(t)e bilden und wieder verflüchtigen, Ideen entwickeln und gemeinsam bestaunt werden. Ich danke besonders der Deutschen Messe, aber auch allen Ausstellern und Besuchern für unzählige unvergessene Augenblicke. Und ich entschuldige mich bei allen Lesern des "Holz-Zentralblatts", wenn mal wieder ein Artikel auch nach der achten Seite nicht beendet war – da hatte er mich wieder mitgerissen, der gigantische Rausch der Messe.
Ich sage daher im Namen der gesamten Weinbrenner Verlagsgruppe aus vollem Herzen: Herzlichen Glückwunsch! Und weiter so mit hämmern, brummen und summen. 50 Jahre ist doch noch gar kein Alter.
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