Das Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) mit Hauptsitz in Braunschweig widmet sich seit über 75 Jahren der Holzforschung und der Nachhaltigkeit durch Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Zu den aktuell drängendsten Fragen – angesichts der Tatsache, dass acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen durch die Zementherstellung verursacht werden – gehört, wie man möglichst ressourcenschonend, kostengünstig und gleichzeitig ästhetisch ansprechend bauen kann. Um das herauszufinden, kombinieren Forschende des Fraunhofer WKI verschiedene Werkstoffe zu hochleistungsfähigen Bauelementen unter minimalem Material- und Energieeinsatz.

Grundsätzlich basiert die Forschung auf den Eigenschaften des Holzes. Im Verhältnis zu seinem Gewicht verfügt es über eine hohe Festigkeit und bietet zudem eine hohe Anpassungs- und Verarbeitbarkeit. Dem gegenüber stehen die eher variablen Eigenschaften des Holzes bezüglich der Zug- und Druckfestigkeit, wodurch es insbesondere in tragenden Konstruktionen bisher nur eingeschränkt verwendet werden kann. Um diesen Malus auszugleichen, entwickelt das WKI sowohl geeignete Faserverbundkunststoffe als auch die passenden Herstellungsverfahren für Holz-Faserverbundkunststoff-Systeme (Holz-FVK-Systeme). Ein Ansatz besteht beispielsweise darin, mehrere Lagen von Polymermatrix und Verstärkungsgewebe als Zugkomponente in eine Holzkonstruktion einzubringen. Um diese Technik umzusetzen, bieten sich gleich mehrere Verfahren an. So lässt sich per Vakuuminfusion eine besonders hohe Qualität und Reproduzierbarkeit erzielen. Das Hand-Lay-Up-Verfahren wiederum ermöglicht in-situ-Anwendungen, wodurch der Faserverbundkunststoff sogar zur Verstärkung bestehender Holzkonstruktionen eingesetzt werden kann, sofern die Holzbauteile zugänglich sind.

Ein anderer Ansatz sind Holz-Beton-Verbundsysteme (HBV-Systeme), gedacht als Alternative zu Stahlbeton. Sie eignen sich laut WKI insbesondere für den Einsatz unter Biegebeanspruchung, in welchem hohe Zugspannungen an der Unterseite des Verbundsystems auftreten können, etwa bei Unterzügen oder Deckenplatten. Um diese Zugkräfte aufzunehmen, ersetzen die Braunschweiger Forscher den Stahl durch geeignetes Holz. Auf diese Weise entstehen beispielsweise Deckenplatten, bei denen zunächst eine Balkenkonstruktion mit einer Decklage aus Holzwerkstoffplatten installiert wird. Die Decklage ist fester Bestandteil der Konstruktion und dient zugleich als Schalung und mögliche Stützung der Decke. Sie wird mit einem Kleber bestrichen und anschließend mit Frischbeton ausgegossen. Während die Betonschicht für eine hohe Festigkeit in der Druckzone sorgt, übernimmt das Holz die auftretenden Zugkräfte. Im Verbund ergibt sich somit nicht nur eine hohe Biegefestigkeit, im Vergleich zu Stahlbetondecken können so auch noch große Anteile an Zugbewehrung und Beton eingespart werden. Außerdem erleichtern HBV-Systeme die Verarbeitung auf der Baustelle, denn im Gegensatz zur konventionellen Bauweise muss die Schalung nach Aushärtung des Betons nicht mehr entfernt werden.

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