Die Rinde heimischer Nadelhölzer, die in der Holzindustrie meist noch als Abfallprodukt gilt, wird oft direkt in den Sägereien verbrannt oder bestenfalls im Gartenbau als Mulch verwendet. Frédéric Pichelin und sein Team an der Berner Fachhochschule (BFH) in Biel sehen jedoch in der Tannin-Extraktion aus heimischen Nadelholzrinden ein großes Verwertungspotenzial. "Ganz im Sinne der Kaskadennutzung arbeiten wir an einer zusätzlichen Stufe zur stofflichen Verwendung des reichlich vorhandenen Rindenmaterials", so Pichelin. "Dies eröffnet den Sägereien und nachgelagerten Industrien neue Einnahmequellen auf der Basis von nachwachsenden Ressourcen."

Zwar werden zur Herstellung von Holzklebstoffen heute schon Tannin-Extrakte verwendet, doch stammen diese meist aus Rinden tropischer Holzarten. Dem Bieler Forschungsteam ist es nun gelungen, aus hiesiger Fichtenrinde in einem zweistufigen wässrigen Extraktionsverfahren Tannine mit beachtlichem Reinheitsgrad zu gewinnen, mit denen sich unter Zugabe von Wasser Klebstoffe mischen lassen, die zur Plattenherstellung grundsätzlich geeignet sein sollen.

Darüber hinaus sehen die Forscher großes Potenzial bei den Tannin-Extrakten für die Entwicklung von Verbundstoffen für den 3D-Druck. Vor allem druckbare Bau- und Designwerkstoffe, die ganz oder hautsächlich auf Holz und Rinde basieren, haben sie dabei im Blick. "Die Anwendungsoptionen von Extrakten aus Holzrinden sind immens", erläutert Pichelin. "In welche Richtungen all diese Reisen konkret gehen werden, ist noch offen. Sicher ist nur, dass die Schweiz die besten Reisezüge nicht verpassen sollte." Und wer weiß, vielleicht wird den Eidgenossen bereits auf der nächsten LIGNA ein großer Bahnhof bereitet?