"Geht nicht gibt’s nicht" lautet das Motto von Andreas Wagner, Geschäftsführer von Rotpunkt Küchen. Seit er das Ruder übernommen hat, setzt der Küchenmöbelproduzent konsequent auf vernetzte Losgröße-1-Fertigung. Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht: Pro Tag werden etwa 1.400 Schränke produziert. Dieses Jahr entsteht ein neues Flächenlager auf 5.000 Quadratmetern. Die "möbelfertigung" sprach mit Wagner über Strategie und Ziele.

möbelfertigung: Herr Wagner, mit Rotpunkt Küchen haben Sie schon sehr früh auf das Thema Industrie 4.0 beziehungsweise Losgröße-1-Fertigung gesetzt. Was gab den Anlass?

Andreas Wagner: Für uns hat das Thema Losgröße 1 schon große Relevanz gehabt, bevor irgendjemand über Industrie 4.0 gesprochen hat. Im Vordergrund stehen für mich dabei Variabilität und Individualisierung. Wir haben eine klare Mission: Rotpunkt Küchen will Variantenweltmeister werden. Ich bin jetzt seit fünf Jahren bei diesem Unternehmen. Seitdem haben wir uns strategisch ziemlich verändert – weg von der Masse, hin zu individuellen Produkten. Ganz konsequent beschäftigt sich Rotpunkt Küchen mit dem Thema Datendurchgängigkeit seit etwa diesen fünf Jahren.

möbelfertigung: Industrie 4.0 bedeutet für Sie also in erster Linie Losgröße 1?

Andreas Wagner: Nicht nur. Ein entscheidender Punkt ist die eben angesprochene Datendurchgängigkeit von der Auftragsannahme bis zur Auslieferung, ohne dass Mitarbeiter in der Auftragsvorbereitung gebraucht werden.

möbelfertigung: Mit welchen Systemen arbeiten Sie?

Andreas Wagner: Als ERP-System setzen wir "Navision" von Microsoft ein. Darüber laufen auch die gesamten Stammdaten sowie die Lohnabrechnungen. Im Grunde sämtliche EDV-Prozesse. Von der Homag Group kommt ein COE-System zum Einsatz, also eine grafische Erfassung der Aufträge. Das ist dann letztlich die Skizze, die die Händler von uns bekommen. Diese grafische Erfassung nutzen wir auch intern zur Plausibilitätsprüfung der Aufträge. Ebenfalls von der Homag Group kommt das "MOS", also das Fertigungsleitsystem und damit die Schnittstelle zwischen Auftragseingang und den Maschinen.

möbelfertigung: Können Sie ungefähr abschätzen, wie lange die Umstellung der Systeme gedauert hat?

Andreas Wagner: Angefangen haben wir damit im Jahr 2009. Einen echten Benefit bringt das System seit Anfang 2012. Also hat es ungefähr drei Jahre gedauert, bis alles umgestellt war. In der Zwischenzeit hatten wir parallel unser altes Linux-System laufen.

möbelfertigung: Der Erfolg gibt Rotpunkt Küchen recht, aber ist es notwendig, sich mit Industrie 4.0 zu beschäftigen, um dem steigenden Individualisierungsdruck aus dem Handel zu begegnen?

Andreas Wagner: Auf jeden Fall muss man sich mit Losgröße 1 beschäftigen. Ob man das dann unbedingt Industrie 4.0 nennen muss, weiß ich nicht. Als Betrieb von mittlerer Größe sollte man in der Lage sein, sehr individuell zu produzieren, um eine Nische besetzen zu können. Da sind wir meiner Meinung nach ziemlich weit vorne. Auch, was den Variantenreichtum angeht. Die kommende LIGNA im Mai 2017 wird sicherlich wieder viele neue Erkenntnisse im Bereich Industrie 4.0 bringen. Ich hoffe, dass uns die Veranstaltung noch weitere Impulse zum Ausbau unserer Produktion gibt.

möbelfertigung: Welche Vorteile ergeben sich durch Ihre jetzige Strategie für Ihre Kunden?

Andreas Wagner: Unsere Kunden wissen, dass wir nie "Nein" sagen. Gelegentlich sagen wir "Ja, aber“", aber nie "Nein". Wir sind in der Lage, höchst individuell auf alle Wünsche einzugehen und benutzen dafür immer die neuesten erhältlichen Produkte – insbesondere in Sachen Oberflächen. Darauf sind wir auch sehr stolz.